09.10.2020

Eveline Skarek stimmt Menschen mit Lungenerkrankungen auf das Singen ein

Eva Aspalter Eva Aspalter
ATMOS meets Eveline Skarek

Mit ihrem Atem- und Gesangskonzept begleitet sie auch Mukoviszidose-Betroffene

Eveline Skarek ist Kunsttherapeutin und Gesangspädagogin. Sie begleitet vorrangig Menschen mit Lungenerkrankungen, wie Asthma, COPD oder Cystischer Fibrose und unterstützt sie mit einem einzigartigen Konzept, das spezielles Atemtraining und einfaches Singen miteinander kombiniert. Sie leitet einen Chor für singende Menschen mit Lungenerkrankung, und singt selbst leidenschaftlich gern in ihrer Jazz-Band „SAY YES & keep swinging“. Die engagierte Sängerin war zu Gast bei ATMOS.

ATMOS: Liebe Eveline Skarek, ATMOS und Sie verbindet das Tun und Wirken gegen Lungenerkrankungen. Sie sind dabei nah am Menschen und haben Ihre Leidenschaft, das Singen, in mehrfacher Hinsicht zu Ihrem Beruf gemacht. Sie leiten das Institut für Kunst- und Gesangstherapie. Wie ist es dazu gekommen?

Eveline Skarek: Seinen Ursprung findet die Geschichte in Weyer. Bei einer Weihnachtsfeier im Rehazentrum kam dem damaligen Leiter Prim. Dr. Alfred Lichtenschopf beim herzhaften Weihnachtsliedersingen die Eingebung dazu. Eine seiner Mitarbeiterinnen, der ich Gesangsstunden gegeben hab, hat mich empfohlen und dann haben wir auch schon an dem Konzept gearbeitet. Seit mittlerweile fast 10 Jahren ist die Atem- und Gesangstherapie nun ein fester Therapiebestandteil im Rehazentrum Weyer.
Ich arbeite auch in Amstetten mit einer freien Gruppe bei Lungenfacharzt Dr. Alexander Huber. Gemeinsam mit ihm führe ich auch das Institut für Kunst- und Gesangstherapie „Bewusst atmen * Einfach singen * Besser leben“.

Die Sauerstoffsättigung stimmt auch beim Gespräch
Das Pulsoxymeter liefert Ihren KlientInnen einen ersten Aha-Effekt über die positive Wirkung der Übungen.

ATMOS: Was ist das Besondere an dem Konzept in der Rehabilitation?

Eveline Skarek: Wir verbinden Übungen aus der Atemphysiotherapie mit der Gesangspädagogik. Es wurde mit ÄrztInnen und einer Physiotherapeutin entwickelt und besteht aus 4 Modulen. Wir holen die KlientInnen hier auf mehreren Ebenen ab. Zu Beginn geht es um die physiologischen Abläufe: Welche Wirkung hat die Haltung, was passiert bei der Atmung im Körper? Wir untermauern die praktischen Atemübungen mit wissenschaftlichen Fakten. Das gemeinsame Singen aktiviert dann auch die geistige und emotionale Ebene der PatientInnen. Auch hier gibt es wissenschaftliche Belege, dass sich das gemeinsame Singen positiv auf das Wohlbefinden und auf die Gesundheit auswirkt. Die KlientInnen sollen lernen, dass die regelmäßige Durchführung der „Übungen“ auch nach der Reha eine nachhaltige Veränderung bringt. Die Lebensqualität, die Leistungsfähigkeit und die Mobilität der Menschen soll steigen – Das sind unsere Ziele.

ATMOS: Klingt nach einer wirkungsvollen Kombination, die sicher für viele eine Wohltat und Freude ist. Das ATMOS Resort soll auch ein Ort sein, der das Leben und nicht die Krankheit hervorhebt.  Ist Singen jedermanns und -fraus Sache?

Eveline Skarek: (verstellt die Stimme) „Ich werde ganz bestimmt nicht singen!“ (lacht) – Damit werde ich oft schon beim Hereingehen von manchen PatientInnen in der Reha „begrüßt“. Aber das lässt mich mittlerweile unbeeindruckt, da ich weiß, dass auch sie sich darauf einlassen werden. Oft ist der Übergang von den Atemübungen zum Singen so fließend, dass es Ihnen gar nicht auffällt. Zum Schluss sind immer alle mit Herz und Seele dabei. Und: Sie merken, dass es Ihnen guttut und daher tun sie es dann auch gerne. Jeder der eine Sprechstimme hat, der kann in einer gewissen Art und Weise auch singen!
Davon bin ich überzeugt und das Tun überzeugt auch meine KlientInnen. Manche so sehr, dass sie einen eigenen Chor, die „Easy Breathy Singers Austria“ gegründet haben. Der Chor für singende Menschen mit Lungenerkrankung. Ich schicke online Übevideos und die Liedertexte aus, und organisiere Auftritte. Geübt wird zuhause und in den Therapiegruppen von Wien, Eisenstadt, St. Pölten über Amstetten bis Linz. Echte Proben mit dem gesamten Chor sind kaum möglich. Wir haben TeilnehmerInnen von Mattighofen bis Graz, manche sind nicht sehr mobil. Wir treffen uns dann meist nur bei den Auftritten, und das persönliche Zusammentreffen ist für alle dann ein besonders freudiges Highlight.

Jeder der eine Sprechstimme hat, der kann in einer gewissen Art und Weise auch singen! Davon bin ich überzeugt und das Tun überzeugt auch meine KlientInnen.
Eveline Skarek

ATMOS: Gibt es auch Menschen, die an COVID-19 erkrankt waren, in Ihrem Therapie-Umfeld?

Eveline Skarek: Ja, zwei, die ich schon davor während einer Therapie begleitet habe. Beide vorerkrankt. Ein Klient mit COPD, eine Klientin mit einem Lungenkarzinom, das vor 5 Jahren operiert wurde. Sie haben die COVID-19 Erkrankung beide überstanden. Mit Sepp, dem COPD-Klienten, habe ich vor einiger Zeit ein Gespräch geführt und er sagt, dass ihm die, in der Reha erlernten Übungen sehr über die Zeit geholfen haben und diese einen Beitrag zur schnelleren Genesung geleistet haben. Die Dame mit dem operierten Lungenkarzinom ist auch in unserem Chor. Der Verlauf war schlimmer, aber sie hat es geschafft! Als sie wieder zuhause war, hat sie der Chor vom Garten aus mit einem Ständchen überrascht. Das war sehr berührend.

ATMOS: Danke für diesen persönlichen Einblick. Auch das sind wertvolle Stimmungsbilder für das gerade allgegenwärtige Corona-Virus. Noch ein Abstecher in die Kunsttherapie. Wie passt das zu dem singenden Teil?

Eveline Skarek: Manche Menschen begleiten neben ihrer Krankheit auch andere Themen, die ihnen „die Luft wegnehmen“. Die Kunsttherapie ist dabei eine sinnvolle Ergänzung für diejenigen, die daran arbeiten möchten. Diese Themen werden in Einzelstunden aufgearbeitet.

ATMOS: Danke, liebe Eveline Skarek für das Engagement und Wirken. Wir freuen uns auf weitere Gespräche und auf einen intensiven Austausch auch zum ATMOS Selfness Resort.  


Eine Einatemübung

Die Vollatmung professioneller SängerInnen hilft auch bei Lungenerkrankungen. Es wird grundsätzlich zwischen Einatemübungen und Ausatemübungen unterschieden. Die vorgestellte Übung ist eine Einatemübung, die das gesamte Potential des ‚inneren Luftraumes‘ aktiviert.

1. Bauchatmung/Zwerchfellatmung

Bei der Vollatmung strömt die Luft beim Einatmen in der Phase 1 „in den Bauch“, genau genommen jedoch in die unteren Regionen der Lunge Richtung Zwerchfell. Der Bauch wölbt sich dabei etwas nach vor.

2. Flankenatmung

In der zweiten Phase strömt die Luft „in die Flanken“ und weitet somit den unteren vorderen und seitlichen Rippenbogen. Die unteren Rippen bewegen sich etwas nach außen.

3. Brustatmung/Hochatmung

In der dritten Phase strömt die Luft „in den Brustkorb“ und weitet somit die mittleren und oberen Regionen des Brustkorbs. Die Brustkorb hebt sich.

Die Reihenfolge dieser Einatemphasen ist essentiell für das Gelingen.
Hilfreich ist es, wenn die Hände auf die jeweilige Region gelegt werden, und somit die Bewegung des Bauches, der Flanken und des Bruskorbs gut gespürt und kontrolliert werden können. Die Einatemluft soll fließend diese drei Phasen durchströmen. Diese Übung kann mit Nasenatmung oder mit Mundatmung durchgeführt werden. Es folgt eine tiefe Ausatmung durch Singen oder bewusste Atemübung. Danach wieder die Einatmung in den Phasen der Vollatmung.


Around the world. Bis nach New York reichen Ihre Kontakte. Im Juni gab Eveline Skarek ein Interview für ‚Strong Island TV’ mit den NY Paradise Studios.

Eveline Skarek, geb. 14.7.1968 ist

  • seit 3 Jahren Leiterin des Instituts für Kunst- und Gesangstherapie Gründung 2017
  • seit 5 Jahren Dipl. Instrumental- und Gesangspädagogin, VMI – Vienna Music Institut, Privatkonservatorium mit Öffentlichkeitsrecht
    Diplom mit Auszeichnung 2015
  • seit 15 Jahren als Kunsttherapeutin tätig, Diplom 2016, ÖAGG – Österreichischer Arbeitskreis für Gruppentherapie und Gruppendynamik
  • seit 20 Jahren Jazz-Sängerin bei SAY YES & keep swinging, VMI – Vienna Music Institut, Privatkonservatorium mit Öffentlichkeitsrecht
    Diplom mit Gutem Erfolg 2015
  • seit fast 30 Jahren Dipl. Sozialarbeiterin, Bundesakademie für Sozialarbeit St. Pölten / jetzt Fachhochschule, Diplom mit Auszeichnung 1991