13.06.2018

Seltene Lüfte und Seltene Erden

Chris Müller Chris Müller
Rohstoff Luft

Seltene Lüfte und seltene Erden

In den 90ern war Frischluft aus der Dose noch ein Gag in Mel Brooks Satiren. Heute ist es Realität. Air Farming nennt sich ein aktueller Trend, bei dem frische Luft “geerntet” und in Gläser, Flaschen oder Dosen verpackt und verkauft wird – meist an Menschen in Städten, die einer starken Luftverschmutzung unterliegen. Nach wie vor sehen wir aber Seltene Erden, die für viele Bauteile von Smartphones und andere technische Geräte benötigt werden, als heißbegehrte Rohstoffe. Dabei müsste es ebenso saubere Luft sein. Und wieder steht Hollywood auf: Arnold Schwarzenegger warnt vor den Folgen der Luftverschmutzung. 2020 wird sie zur dritthäufigsten Verursacherin frühzeitiger Tode. ATMOS – die Stadt der Lüfte – ist ein Prototyp zur richtigen Zeit.

Beinahe jede Region der Welt, die mit einer guten Luft gesegnet ist, hat das wirtschaftliche Potential, dass in dessen Vermarktung auch außerhalb eines Aufenthalts steckt, bereits erkannt. Neben dem australischen Bondi Beach, den kanadischen Rocky Mountains und der Schweizer Alpenluft gibt es nun auch heimische Luft aus Hallstatt in der Dose zu kaufen.

Was in den meisten Fällen als Scherz und Souvenirverkauf begann, entwickelte sich schnell zu einem gut funktionierenden Wirtschaftsmodell, da vor allem Menschen, die in stark belasteten Städten wie Peking und Shanghai leben, viel Geld in den Kauf eines in ihren Augen gesundheitsfördernden Produktes investieren. Zwischen circa 20 und 100 Euro muss man in etwa 8 Liter Frischluft, die in vielen Fällen sogar mit Düften nach Zirben, Wildblumen oder Tannen angereichert ist und für etwa 150 Inhalationen reichen soll, ausgeben.

Als auch Städte wie Berlin und Paris begannen, ihre Luft als Lifestyle-Produkt zu vermarkten, stand die EU kurz davor, ein Verbot zu verhängen. In einer großen Anzahl an Dosen waren Feinstaubwerte festgestellt worden. Doch in den chinesischen Metropolen herrschen ernstere Zustände. Der dortige Kampf gegen den Smog ließ die Behörden bereits Baustellen- und Fabrikbetriebe einstellen, auch Schulen dürfen die Kinder nicht mehr ins Freie lassen. Schließlich sterben in China jedes Jahr mehr als 1,6 Millionen Menschen an den direkten Folgen der Luftverschmutzung. Die Ironie an der Sache mit der Dosenluft: der Transport nach zumeist Asien trägt zur Umweltbelastung zusätzlich bei.

Saubere Luft – eine für uns selbstverständliche Sache – ist in vielen anderen Teilen der Welt eine verschwindende Ressource. Gleichzeitig ist sie jedoch so wichtig für unsere Gesundheit. Weltweit führt die WHO etwa 24% aller Todesfälle auf verschmutzte Luft zurück. Diese, wie auch das Rauchen, kann die Ursache für eine Erkrankung an COPD, der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung, sein. Da die Krankheit heute nicht heilbar ist, könnte sie sich aktuellen Studien entsprechend bis 2020 zur dritthäufigsten Todesursache entwickeln. Langsam könnte die Lungenerkrankung zu einem Volksleiden werden, die jeden Menschen, der verschmutzter Luft ausgesetzt ist, treffen kann. Um die Chancen, einer guten Behandelbarkeit hoch zu halten, ist jedoch eine frühzeitige Diagnose besonders wichtig. Eine langfristige, schleichende Verschlechterung der Erkrankung kann die Lunge der betroffenen Menschen unwiederbringlich zerstören.


Jimi Hendrix an der Luftgitarre

Es gilt also einmal mehr, die Umwelt ernst zu nehmen und die saubere Luft zu bewahren, denn nur sie kann Lungenkrankheiten wie Mukoviszidose und das übergeordnete Krankheitsbild COPD auch wieder lindern. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Entwicklung und Realisierung von ATMOS immer mehr an Wichtigkeit. Orten, an denen COPD- und Mukoviszidose-Erkrankte Linderung erfahren, wird in der Zukunft umso mehr eine gesteigerte Bedeutung zukommen. Luft aus der Dose kann im besten Maße für einige Minuten angenehm zu atmen sein, bringt aber in einer smog-verseuchten Stadt nichts, wie die Lungenliga Schweiz zu berichten weiß. Genauso gut könnte man also auf einer Luftgitarre versuchen, wie Jimi Hendrix zu klingen.


Arnold Schwarzenegger is back

Prinzipiell haben die Menschen erkannt, dass lebenswichtige Ressourcen wie Wasser und Luft knapper werden und daher sorgsam mit ihnen umgegangen werden muss. Bei der diesjährigen Austria World Summit brachte Gouverneur a.D. Arnold Schwarzenegger das Thema in seiner nachdrücklichen Rede auf die Weltbühne. Zusammen mit den Vereinten Nationen hatte er 2010 die R20 Regions of Climate Action gegründet, um Staaten, Regionen und Initiativen im Umweltschutz zu unterstützen. Sein Aufruf: Klimaschutz betrifft uns alle auf allen Ebenen, nicht nur Staaten und Unternehmen, sondern auch jeden einzelnen Menschen. Mehr als 90% der Menschen seien verschmutzter Luft ausgesetzt. An den Folgen der Belastung durch verschmutzte Luft würden nach einer aktuellen Studie der WHO mehr Menschen sterben, als an Aids und Tuberkulose.

ATMOS – ein Prototyp als richtige Antwort

Dank zahlreicher Rückmeldungen von ExpertInnen unterschiedlichster Professionen – wie Medizin, Physik, Wirtschaft, Chemie, Data-IT – sowie Betroffener verschiedener Krankheitsbilder, können wir sagen: ATMOS ist nicht nur eine Antwort auf die Anforderungen von Mukoviszidose-PatientInnen. Anstatt einiger tausender, kann ATMOS der Prototyp für einige Millionen von Menschen sein. Denn das Ringen um Luft und der Kampf, unbelastet atmen zu können, betrifft viele; eigentlich uns alle.

Das Verweben und Überlagern unterschiedlicher Kompetenzen, Erfahrungen, Sichtweisen und Bedürfnisse ist Nährboden für Innovation. ATMOS wird ein Kristallationspunkt, an dem all das passiert. So wie es das bereits jetzt schon in der Entwicklung von ATMOS tut – alleine der Medizinsektor fächert sich wiederum auf in multiple Disziplinen wie Robotik, Elektromedizin, Biomechanik, Mechatronik, Mikrosensorik, medizinische Simulationstechnik und Bildgebung, 3D-Druck, personalisierte Medizin uvm. Dadurch gelingt es, echte Pionier-Leistung zu erbringen und eine Stadt zu bauen, die nicht nur an den Küsten Europas als Turbine frischen Windes fungiert.